Freitag, 8. Mai 2009

Schulanfang in Nahora


In aller Frühe breche ich, zusammen mit zwei Freunden, auf, um noch einmal das Dorf meines Kollegen zu besuchen. Heute ist Azad's großer Tag. Nach Monaten Arbeit neben der Arbeit und zweifellos zahlreichen Rückschlägen hat er es endlich geschafft: seine Schule ist fertiggestellt. Das ganze Dorf ist zusammengekommen, um heute feierlich den Schulanfang der rund 40 Kinder zu begehen. Kurz nach unserer Ankunft erscheinen auch die Alten, die noch beim Freitagsgebet waren.

(Azad (stehend) bedankt sich bei allen Helfern)

Händeschütteln, kleine Snacks, dann geht es zum offiziellen Teil. Der Union Chairman (Landrat) ist gekommen und Azad's ehemaliger College-Lehrer. Unter einem provisorischen Zeltbaldachin bedankt sich Azad bei allen Anwesenden und den Helfern für ihre Unterstützung. Kleine Reden werden gehalten, auch mein Kollege Matt wird aufgefordert ein paar Sätze zu sagen. Die Schulanfänger sind mit ihren Müttern gekommen, können sich jedoch nur schwer auf die Reden konzentrieren. Viel interessanter sind da die foreigners und ihre Digitalkameras.

(Die feierliche Übergabe der Schulhefte)

Einen nach dem anderen ruft dann Lehrerin Helena die Namen der Kinder auf, die sich dann brav und voller Freude ihre neuen Schulhefte abholen kommen. Auch die Alten bekommen jeder ein Heft zur Ansicht und blättern erstaunt darin herum. Ein kleines Schmunzeln zaubert mir das doch aufs Gesicht. In nur acht Monaten werden die Kinder, so Azad’s Ziel, mehr lesen und schreiben können, als die graubärtigen Männer, die ihr Leben lang Analphabeten geblieben sind. Das Schuljahr in Bangladesch geht normalerweise von Januar bis Januar. Der Bau der Schule und das Warten auf die Zulassung hat aber länger gedauert als gedacht. Noch immer fehlt auch die offizielle Registrierung durch das Ministerium (Ministry of Social Welfare). Da Azad auf Bestechungsgelder verzichtet hat, ziehen sich die Prozeduren in die Länge. Zum Nachteil der Schüler freilich: die müssen, um den Lehrplan zu schaffen, auf ihre Ferien in diesem Jahr verzichten.

(Das erste Mal im neuen Klassenzimmer)

Mit den Heften in der Hand geht es jetzt zum ersten Mal in den neuen Unterrichtsraum. Fünf mal die Woche wird es hier zwei Klassen am Morgen geben und am Abend eine Klasse für arme Frauen, die Grundlagen der Landwirtschaft lernen können. An der Wand entlang setzen sich die Kinder um die Lehrerin herum und warten auf das, was auch in Bangladesch nicht zum Schulanfang fehlen darf: die Zuckertüte.

(Übergabe der, buchstäblichen, Zuckertüte)


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