Montag, 16. März 2009

Zu Gast in Nahora


Ein weiter Blick über Reisfelder, klare Luft und das Zirpen von Zikaden in der Mittagshitze: das ist Asien, wie ich es schon anderswo lieben gelernt habe. Zusammen mit meinem Kollegen Azad (,Freiheit') besuche ich sein Dorf Nahora, etwa 30km entfernt von Mymensingh. Gleich bei der Ankunft bildet sich eine Menschentraube um uns herum, die uns bis zu unserer Abfahrt begleiten wird. Eingehend werden meine Kleidung und mein Fotoapparat gemustert. Tiefe Blicke aus dunklen Augen suchen Kontakt, die Frauen laufen sofort ins Haus.
Als einer der Wenigen seines Dorfes hat es Azad an eine Hochschule geschafft und Politik studiert. Seine Familie besitzt reichlich Land aus dem sie bis zu 100 Tonnen Reis im Jahr herausbekommen. Die meisten der Bewohner dagegen sind landlos und extrem arm („hardcore poor“). Eine Schule haben die wenigsten besucht (rund 60% sind Analphabeten). Da aber die Lösung so ziemlich aller Probleme Bangladeschs (und davon gibt es einige) mit Bildung anfange, baut Azad im Dorf eine Schule.
Am Vormittag sollen rund 20 Grundschüler unterrichtet werden, am Abend einige Frauen der ärmsten Familien. Finanziert hat er das aus eigener Tasche und mit Hilfe von Kollegen. Auch die Baupläne stammen von Azad. Schließlich habe er es in einen gut bezahlten Job geschafft. Statt jedoch, wie die meisten gutsituierten Bangladeschis, in Auto und Villa zu „investieren“, wolle er zurückgeben. Vorgenommen hat er sich Einiges: eine Art Schulfarm soll her, damit die Kinder zählen lernen und die Frauen Grundbegriffe der Landwirtschaft. Viele Frauen, manche haben sieben, acht und mehr Kinder, werden von ihren Ehemännern sitzen gelassen und haben ohne Land keine Chance sich zu ernähren. Ihnen will er Perspektiven eröffnen, ein kleines Einkommen zu generieren. Leider geraten Azad‘s ehrgeizige Vorhaben immer wieder ins Stocken, weil das Geld von Zeit zu Zeit knapp wird. Bereits fertiggestellt ist allerdings eine Biogasanlage, „German Quality“, versichert er mir. In ihr wird aus Kuhdung und Wasser Gas, das zum Betrieb kleiner Kochstellen direkt abgezapft werden kann. In Zukunft plant er, dieses auch abzufüllen,
um es an anderer Stelle nutzbar zu machen. Nach unzähligem Händeschütteln verlassen wir das Dorf wieder in Richtung Dhaka und ich habe an diesem Wochenende mehr über Bangladesch gelernt, als in den drei Wochen vorher.

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